Leseprobe
GLÜCKSTAG
Drehbuch von Philipp Koblmiller (nach einer Vorlage von Nicolai Köppel)
AUSSEN - STRASSENRAND - TAG
An einer ruhigen Straße steht ein Polizeiauto mit einem Platten.
Der uniformierte Polizist ARNDT (33) löst die Radmuttern am
platten Reifen. Das Auto ist insgesamt in einem jämmerlichen
Zustand und viel zu alt.
ARNDT
Ich hasse das. Warum müssen immer wir
mit dieser Kiste fahren?
Sein Kollege RÜDIGER (30) steht in den offenen Kofferraum
gelehnt und kramt nach dem Ersatzreifen. Er beugt sich aus
dem Kofferraum.
RÜDIGER
Arndt. Du kennst doch Horst!
(nachäffend)
"Kein Einsatz - kein Mercedes!"
Arndt hebt ächzend den Reifen von der Achse.
ARNDT
Wie sollen wir denn in diesem Kaff
'nen Einsatz kriegen.
Rüdiger kommt mit dem Ersatzreifen aus dem Kofferraum.
RÜDIGER
Sei doch froh.
Tausendmal besser als die Großstadt.
Arndt hebt den Reifen hoch und geht auf ihn zu.
ARNDT
(kopfschüttelnd)
Rüdiger, Rüdiger. Manchmal frag ich
mich, warum Du eigentlich Polizist
geworden bist.
Plötzlich löst sich der Wagenheber und das Auto senkt sich
grässlich quietschend.
ARNDT
(kopfschüttelnd)
So' ne Schrott-kar-re!
RÜDIGER
Ich weiß gar nicht, was Du gegen unser
Auto hast. Das hat wenigsten Stil.
Plötzlich schiebt sich langsam ein großer moderner
Polizei-Mercedes neben sie. HORST (55) lässt lässig die
Scheibe runter und lehnt sich grinsend aus dem Fenster zu
ihnen. In der Hand hält er einen Döner.
HORST
(kauend)
Kleines Rennen gefällig, Kollegen?
ARNDT
(überfreundlich)
Nein danke, Horst.
RÜDIGER
(versöhnlich)
Wir lassen Dir einen Vorsprung.
Horst nickt nur spöttisch, salutiert dann grinsend zum Gruß
und rauscht mit quietschenden Reifen ab.
AUSSEN - TITELSEQUENZ - TAG
Wir folgen Horsts Wagen ein Stück. Wir sind offensichtlich in
einem sehr friedlichen Teil der Stadt, in dem wirklich nie
etwas Aufregendes passiert.
An einem Zebrastreifen steht LUKAS (6), ein aufgeweckter
Junge mit seiner Sporttasche. Ein Feuerwehrauto hält am
Zebrastreifen und läßt ihn vorbei. Der Feuerwehrmann am
Steuer winkt ihm freundlich zu.
FEUERWEHRMANN
Hallo Lukas. Na, alles klar?
Lukas grinst ihn an.
Später fährt ein Krankenwagen vorbei. Auf Lukas' Höhe wird er
langsamer und der Fahrer beugt sich zu ihm.
SANITÄTER
Lukas. Lang nicht gesehen.
Wir dachten, Du besuchst uns mal wieder.
Lukas winkt ihm zu, als er weiterfährt.
Später sieht Lukas den Polizeiwagen von Horst ankommen. Er
bleibt mit leuchtenden Augen stehen und will ihn auch grüßen,
doch das Polizeiauto fährt einfach vorbei.
Lukas schaut ihm enttäuscht nach.
INNEN - DIENSTRAUM - TAG
Im Dienstraum des kleinen Polizeireviers. ELMAR (35) steht am
Schreibtisch und gießt zwei Kakteen. Horst kommt herein, legt
eine Tüte mit Elmars Döner auf den Tisch und läßt sich auf
seinen Stuhl fallen. Elmar sticht sich an einem Kaktus.
ELMAR
Au.
Können wir die nicht endlich mal
austauschen?
Horst sitzt in seinem Stuhl und wischt sich den Mund mit der
Serviette ab. Er schnüffelt an seinen Fingern. Er dreht sich
mit seinem Stuhl gönnerhaft zu Elmar.
HORST
Dein Döner wird kalt.
Er holt aus einer Schublade ein "Kölnisch Wassser"-Fläschen
und parfümiert sich die Hände und das Gesicht. Elmar steht
betröppelt mit der Gießkanne in der Hand da.
Vom Flur sind Stimmen zu hören.
RÜDIGER (OFF)
(halblaut)
Jetzt wart doch mal.
ARNDT (OFF)
Nein, ich mach das jetzt!
Arndt und Rüdiger kommen herein. Arndt will etwas sagen, hält
aber kurz inne und schnüffelt. Er verdreht die Augen.
ARNDT
(bestimmt)
Okay, Horst. Jetzt hab ich genug.
Wir wollen mit dem Mercedes auf Streife!
Rüdiger will beschwichtigend eingreifen, doch Arndt wirft ihm
einen bösen Blick zu. Horst packt sein Fläschchen weg.
ARNDT
(zu Horst)
Du hast überhaupt kein Recht-
uns den Wagen nicht zu geben.
HORST
(unterbricht ihn)
Kein Einsatz - Mercedes.
Arndt verdreht die Augen und wiederholt ihn lautlos.
ARNDT
Ich weiß.
Aber wir wollen ihn jetzt.
Und wir kriegen ihn.
Horst dreht sich mit seinem Stuhl duellmäßig zu Arndt.
HORST
Ihr kriegt ihn nicht.
ARNDT
Wir kriegen ihn.
Horst schaut ihn böse an. Stille.
ARNDT
Dann haben wir jetzt wohl ein Problem.
Elmar schaut von seinem Döner auf.
AUSSEN - VOR DEM SPIELZEUGLADEN - TAG
Lukas kommt aus der Tür eines Spielgzeugladens. In der Hand
hält er eine knallgrüne Wasserpistole, die er stolz
anlächelt. Er steckt sie lässig in den Gürtel und geht davon.
INNEN - DIENSTRAUM - TAG
Rüdiger und Elmar sitzen sich auf Stühlen direkt gegenüber.
Neben ihnen liegen die Schlüssel des Mercedes.
Hinter Elmar steht Horst, hinter Rüdiger Arndt. Rüdiger und
Elmar schwingen die Fäuste im Takt. Horst und Arndt feuern
die beiden lautstark an. Ein Schere-Stein-Papier-Duell.
HORST UND ARNDT
(rhythmisch)
Eins, zwei, drei.
Rüdiger und Elmar lassen die Fäuste dreimal im Takt fallen,
öffnen sie beim dritten Mal: Rüdiger hat den Stein, Elmar das
Papier geknobelt.
HORST
Zwei - Zwei. Wir machen euch platt!
Arndt massiert Rüdiger den Nacken.
ARNDT
Das heißt noch gar nichts.
(wie ein Trainer)
Okay, jetzt kommt alles auf Dich an.
Bei diesen Worten stockt Rüdiger plötzlich. Arndt beißt sich
auf die Lippen. Rüdiger schaut Arndt an, irgend etwas ist ihm
sehr peinlich. Alle drei scheinen zu wissen, was los ist und
lassen entnervt vom Spiel ab. Rüdiger eilt zur Türe hinaus.
AUSSEN - BEIM DÖNERSTAND - TAG
Lukas kommt die Straße entlang. In der Ferne sieht er den
Dönerstand und geht entschlossen darauf zu.
INNEN - DIENSTRAUM - TAG
Man hört eine Spülung. Rüdiger kommt zurück und nimmt wieder
seinen Platz vor Arndt ein.
ARNDT
Das wird ja immer schlimmer mit Dir. So
aufregend ist es nun auch wieder nicht.
ELMAR
Hoffentlich hat er sich die Hände
gewaschen.
HORST
(zu Elmar)
Lass mich nicht hängen! Gib's ihm!
Das Spiel geht weiter - 'Eins, Zwei, Drei' - die Fäuste
fliegen. Rüdiger knobelt wieder die Schere, aber Elmar den
Stein. Das Team Elmar-Horst hat gewonnen. Horst gibt Elmar
einen Freudenkuß auf den Kopf, der ihn anlächelt, nimmt sich
den Autoschlüssel und freut sich unangemessen heftig.
HORST
(sing-sang)
Ich hab's Euch ja gleich gesagt.
Rüdiger blickt entschuldigend zu Arndt, der sehr ruhig
dasteht und tief ein und aus atmet. Horst beruhigt sich
wieder.
HORST
(gönnerhaft)
Dann mal wieder an die Arbeit, Kollegen.
Arndt packt seine Jacke und geht hinaus.
AUSSEN - DÖNERSTAND - TAG
RONNY (45), der einzige deutsche Dönerwirt weit und breit,
steht mit einer weißen Schürze um, hinter der Theke seines
Dönerstandes. Hinter ihm brutzelt der Fleischspieß, in seiner
Auslage stehen Pide mit kleinen Deutschlandfahnen geschmückt.
Vor Ronny steht ein KUNDE. Für ihn bereitet er gerade einen
Döner zu. Ronny stopft das Fladenbrot mit Liebe richtig voll.
RONNY
Mit Scharf?
So scharf wie ich traut sich kein
Türke.
Während Ronny drei Löffel „Scharf" in das Fladenbrot zwingt,
schmunzelt er den Kunden an, der ihm mit einem schiefen
Lächeln antwortet. Ronny händigt den Döner aus, als wäre er
aus Gold. Der Kunde nimmt den Döner und geht. Lukas tritt an
die Theke. Ronny lehnt sich vor, grinst ihn an.
RONNY
Was darf's sein?
Lukas zielt mit der Wasserpistole auf Ronny. Der hebt
"erschrocken" die Hände und geht auf das Spiel ein.
RONNY
Ist das ein Überfall?
(schaut auf die Pistole)
Die ist ja gar nicht geladen.
Lukas schaut enttäuscht von Ronny zu der Pistole.
RONNY
Komm, gib her, ich mach sie dir scharf.
Kurze Pause, dann muss Ronny über seinen eigenen Witz lachen.
Lukas legt die Wasserpistole vor Ronny auf die Theke.
AUSSEN - ABGELEGENE STRASSE - TAG
Rüdiger und Arndt sitzen versteckt auf einem Waldweg in ihrem
Streifenwagen und überwachen ein Blitzgerät, das an der
Straße steht. Im Auto ist ein Kontrollgerät für den Blitzer.
Sie schweigen sich an.
Rüdiger hat ein schlechtes Gewissen, und schaut mehrmals zu
Arndt, der ihn ignoriert. Obwohl die Stimmung gespannt ist,
spürt man, daß sie nicht wirklich böse sind. Rüdiger räuspert
sich. Arndt wendet sich ab und will sein Beifahrerfenster
herunterkurbeln, aber es klemmt und die Kurbel fällt ab.
Rüdiger muß sich das Lachen verkneifen. Arndt will ihn erst
böse anschauen, merkt dann aber selbst, wie lustig die Situation
ist. Sie lachen beide, als das Kontrollgerät plötzlich piepst.
ARNDT
Pscht. Es kommt einer.
Sie schauen gespannt auf das Straßenstück, das sie von ihrer
Position sehen können. Den Straßenverlauf sehen sie nicht.
ARNDT
(zu sich)
Bitte sei zu schnell. Bitte sei zu
schnell. Bitte...
Man hört ein Auto näherkommen. Rüdiger und Arndt blicken
enttäuscht auf, als ein älterer Herr mit Hut mit 25 km/h
vorbeizuckelt. Arndt läßt den Kopf auf das Lenkrad sinken.
RÜDIGER
(zögernd)
Hast Du Hunger?
Arndt verdreht grinsend die Augen.
RÜDIGER
(entschuldigend)
Vielleicht kommt sie ja heute mal
früher.
Pause. Sie blitzen sich an. Arndt gibt nach und macht den
Motor an.
ARNDT
Aber wehe, Du traust Dich heute wieder
nicht!
INNEN - IN EINER WARTESCHLANGE - TAG
Lukas steht in einer Warteschlange von Leuten in einer Halle.
Wir sehen nicht genau, wo er ist. Er spielt nervös mit seiner
Pistole, die er in seinem Gürtel versteckt trägt.
AUSSEN - DÖNERSTAND - TAG
Ronny macht für Rüdiger und Arndt zwei Döner fertig. Er klagt
ihnen sein Leid, was sie aber gar nicht hören wollen. Rüdiger
sieht gespannt zum gegenüberliegenden Gebäude. Arndt wartet
auf seinen Döner.
RONNY
...die einen sagen, sie schützen mich
vor den Türken, die keinen deutschen
Döner wollen. Und die anderen sagen, sie
schützen mich vor den Deutschen, die was
gegen Dönerbuden haben. Ist alles mein
Geld. Eigentlich müßte mein Döner
doppelt viel kosten.
(Pause)
Mit Scharf?
ARNDT
Klar. Und ruhig viel.
RONNY
(zu Rüdiger)
Du willst kein Scharf, oder?
RÜDIGER
Scharf? Ne, lieber nicht.
RONNY
Bei uns ist die Polizei Küchenchef.
RÜDIGER
Da! Kuck! Sie kommt!
Aus dem Gebäude gegenüber kommt die attraktive EVA (30), gut
gekleidet. Rüdiger und Arndt beobachten, wie sie sich ihre
Tasche über die Schulter schwingt und über die Straße in
Richtung Dönerstand geht. Arndt sieht auf die Uhr.
RÜDIGER
Ist sie nicht großartig?
Ronny gibt ihnen die beiden fertigen Döner über die Theke.
RONNY
Ist ja früher als sonst.
Rüdiger und Arndt beißen in ihre Döner. Wortlos am ersten
Bissen kauend, tauschen sie die Döner. Arndt gibt Rüdiger ein
Zeichen, Eva anzusprechen, aber Rüdiger rührt sich nicht von
der Stelle.
ARNDT
Jetzt mach schon. Heute gibt's keine
Ausrede. Ich ess nicht umsonst seit
Tagen Döner.
Eva ist schon fast an ihnen vorbei ohne Rüdiger und Arndt
bemerkt zu haben. Da ergreift Arndt die Initiative. Unter
Rüdigers entsetzten Blicken geht Arndt auf Eva zu.
ARNDT
Entschuldigung?
Eva schaut erstaunt auf.
EVA
Ja?
ARNDT
(überlegt)
Schöne Frau? Darf mein Kollege sie zu
einem Döner einladen. Er ist wirklich
ein unglaublich netter Kerl. Leider ist
er ein bißchen schüchtern...
Eva schaut den uniformierten Arndt belustigt an, der mit
seinem Döner in der Hand vor ihr steht.
EVA
Aha, ihr Kollege möchte mich also gerne
einladen.
ARNDT
Genau.
EVA
Und wo ist jetzt ihr Kollege?
Arndt dreht sich galant um und deutet auf den Dönerstand.
Doch da ist niemand außer Ronny, der sich hinter der Theke um
seinen Fleischspieß kümmert. Arndt ist die Situation
sichtlich peinlich. Eva schüttelt nur den Kopf und geht ihres
Weges. Wütend geht Arndt auf Rüdiger zu, der aus einem
Dixiklo neben dem Dönerstand kommt.
ARNDT
Wie kannst Du mich so blamieren.
RÜDIGER
Du hast Dich doch selbst blamiert.
(äfft ihn nach)
"Schöne Frau. Darf mein Kollege sie zu
einem Döner einladen."
ARNDT
Mann Rüdiger. Das war die Chance.
RÜDIGER
Ich renn halt nicht immer mit dem Kopf
durch die Wand so wie Du.
Arndt und Rüdiger blitzen sich an.
RONNY
Jungs, um noch mal auf mein Problem
zurückzukommen.
Arndt und Rüdiger schauen ihn an.
ARNDT
Ronny, dass Du von zwei Seiten auf die
Mütze kriegst, wenn du 'nen deutschen
Döner aufmachst, war doch klar.
Paß dich an.
RÜDIGER
Wir können Dir nicht helfen. Du mußt zur
Kripo gehen, die sind dafür zuständig.
Das Funkgerät im Streifenwagen meldet sich.
HORST
(über das Funkgerät)
Wagen null zwo von Zentrale, kommen.
Wagen null zwo von Zentrale.
Arndt geht zum Auto.
RONNY
Und was ich noch gar nicht erwähnt hab:
Die Jugendkriminalität! Das fängt
heutzutage schon ganz früh an-
RÜDIGER
(unterbricht ihn)
Wir zahlen, Ronny.
ARNDT (OFF)
(ruft)
Rüdiger!
RONNY
Ihr seid wenigstens anständige Bullen.
Horst hat vorhin wieder nicht gezahlt.
ARNDT (OFF)
(ruft lauter)
Rüdiger!
Rüdiger legt einen fünf Euro Schein auf die Theke, nimmt
seinen Döner und geht zum Streifenwagen.
RÜDIGER
Was ist denn?
ARNDT
(aufgeregt)
Die Sparkasse ist überfallen worden!
Beeil dich.
Arndts Aufregung macht Rüdiger nervös.
RÜDIGER
Ein Banküberfall? Ich...
Er blickt nervös zum Dixiklo. Arndt bemerkt das.
ARNDT
Steig ein, dafür haben wir jetzt keine
Zeit.
Mit Blaulicht und Sirene rasen sie los.
AUSSEN - IM STREIFENWAGEN - TAG
Mit Blaulicht und Sirene rast Arndt die Straße entlang.
Rüdiger sitzt nervös verspannt auf dem Beifahrersitz.
RÜDIGER
A-Arndt!
ARNDT
Verkneif's dir. Das ist unsere Chance.
(mit leuchtenden Augen)
Ein Einsatz.
RÜDIGER
(ängstlich)
Hat Horst gesagt, wie viele es sind?
ARNDT
(euphorisch)
Er hat nur Banküberfall gesagt.
RÜDIGER
Haben wir eigentlich unsere Schußwesten
dabei?
Sie kommen an eine T-Kreuzung. Arndt hält und überlegt.
ARNDT
Was ist schneller? Links oder rechts?
RÜDIGER
(zeigt mit der Hand)
Da lang.
Arndt brettert weiter.
AUSSEN - VOR DER BANK - TAG
Das Auto kommt angefahren, das Blaulicht und die Sirene gehen
aus, es hält mit quietschenden Reifen vor der Bank. Arndt und
Rüdiger springen aus dem Streifenwagen und stürmen zum
Kofferraum. Arndt öffnet ihn und holt die Schusswesten
heraus. Rüdiger wird bei dem Anblick der Westen noch
nervöser. Arndt drückt ihm eine in die Hand. Sie ziehen sie
eilig über. Arndt ist als erster fertig und hastet zur
Eingangstüre der Bank.
RÜDIGER
(währenddessen)
Brauchen wir keine Verstärkung??
ARNDT
(währenddessen)
Jetzt komm!
Sie verschwinden in der Bank.
INNEN - IN DER BANK - TAG
Mit ihrer Pistole im Anschlag stürmen Arndt und Rüdiger in
den Schalterraum, Rüdiger nicht ganz so sicher wie Arndt.
Doch dort geht alles seinen gewohnten Gang, vom Bankräuber
keine Spur. Kunden drehen sich erschrocken um. Ein KUNDIN
hebt zaghaft ihre Hände in die Luft, doch dann lächelt sie
die beiden Polizisten an und nimmt die Hände langsam wieder
herunter. Plötzlich trifft Rüdiger von der Seite ein Wasser-
strahl. Blitzschnell dreht er sich nach links. Dort steht
Lukas, der stumm mit seiner Wasserpistole auf ihn zielt.
Der BANKDIREKTOR (55) kommt auf sie zugeeilt.
BANKDIREKTOR
(leise)
Meine Herren, was machen sie denn?
(zu Lukas)
Laß das!
Peinlich berührt stecken Rüdiger und Arndt die Pistolen weg.
BANKDIREKTOR
Das ist der Täter.
Der Bankdirektor legt Lukas die Hand auf die Schulter und
entwaffnet ihn. Arndt steht da wie angewurzelt da. Rüdiger
beobachtet Lukas interessiert.
BANKDIREKTOR
Am hellichten Tag wollte er die Bank
überfallen.
ARNDT
(pampig)
Naja, nachts ist ja auch zu.
Der Bankdirektor gibt Rüdiger die Wasserpistole. Rüdiger
sieht sich die Pistole an und steckt sie in seinen Gürtel.
RÜDIGER
Wie heißt Du denn?
BANKDIREKTOR
Ich hab's ihrem Kollegen schon gesagt,
er redet nichts. Sonst hätte ich sie ja
gar nicht erst gerufen.
Arndt registriert das. Lukas sieht die Handschellen an
Rüdigers Gürtel und streckt ihm die Hände hin. Rüdiger
stutzt, dann muß er sich ein Grinsen verkneifen. Er beugt
sich zu Lukas runter.
RÜDIGER
(freundlich bestimmt)
Dann müssen wir Dich leider verhaften.
Er legt Lukas Handschellen an, was dieser mit leuchtenden
Augen geschehen läßt. Arndt starrt Rüdiger an. Der blinzelt
ihm kurz zu und wendet sich dann mit Lukas zum Gehen.
RÜDIGER
(zum Bankdirektor)
Schönen Tag noch!
(zu Lukas)
Mach bloß keinen Quatsch.
Wir haben Deine Waffe.
Arndt und der Bankdirektor schauen sich verwundert an.
AUSSEN - VOR DER BANK - TAG
Lukas sitzt angeschnallt auf dem Rücksitz des Streifenwagens.
Rüdiger und Arndt stehen neben dem Wagen und reden leise.
ARNDT
Was soll denn das bitte?
RÜDIGER
Hab ich Dir mal erzählt, wie ich zur
Polizei gekommen bin?
ARNDT
Hä?
RÜDIGER
Der will nur mal verhaftet werden und
auf's Revier gebracht werden.
Arndt schaut ihn zweifelnd an. Rüdiger steigt ein.
RÜDIGER
Das hab ich früher auch so gemacht.
Arndt schüttelt grinsend den Kopf. Dann wird er ernst.
ARNDT
(zu sich)
Horst kann was erleben.
INNEN - POLIZEIFLUR - TAG
Rüdiger kommt in den Flur. Er hat Lukas die Handschellen
abgenommen und hängt sie gerade an seinen Gürtel.
Lukas schaut sich mit großen Augen um.
Arndt trottet hinter ihnen her. Er schnüffelt wieder.
ARNDT
(zu sich)
Hier stinkt's wieder nach Horst.
Lukas hört das.
INNEN - DIENSTRAUM - TAG
Als die drei hereinkommen, schauen Horst und Elmar
schmunzelnd auf. Horst beginnt, in die Hände zu klatschen.
HORST
Das ist also der Täter.
Horst und Elmar lachen. Horst rollt auf seinem
Schreibtischstuhl zu ihnen. Er nimmt Rüdiger die
Wasserpistole aus der Hand.
HORST
(zu Lukas)
Die ist beschlagnahmt.
Er rollt zurück und beschießt damit einen der Kakteen.
HORST
Wie heißt denn der Bankräuber?
RÜDIGER
(blickt kurz zu Lukas)
Bis jetzt schweigt er noch, aber meiner
Verhörmethode wird er nicht standhalten
können.
ARNDT
(deutlich)
Und ich schreib dann den Bericht über
den Vorgang. Die im Präsidium finden es
sicher interessant, zu erfahren, wie
dieser "Banküberfall" abgelaufen ist.
Horst runzelt die Stirn. Er überlegt, dann dreht er sich auf
seinem Stuhl langsam zu ihnen.
HORST
Laß das besser mal mich machen.
Horst deutet Lukas, sich zu setzen. Er nimmt ein Formular und
legt es in eine Schreibmaschine ein.
HORST
Setz Dich.
Als erstes sagst Du mir deinen Namen.
Lukas schweigt.
HORST
Deinen Namen.
Horst fühlt sich durch das Schweigen des Jungen
herausgefordert. Mit der flachen Hand haut er auf den Tisch.
HORST
(laut)
Wie Du heißt, will ich wissen!
Kein Wort von Lukas.
HORST
(wird wütend)
Du erzählst mir sofort, wie Du heißt und
wo Du wohnst oder Du kommst solange in
eine Einzelzelle, bis du so alt bist wie
ich. Ist das klar?
Lukas starrt ihm ins Gesicht.
LUKAS
(trotzig)
Du stinkst nach Horst!
Lukas steht auf und rennt in die Arme von Rüdiger. Horst will
explodieren, dann reißt er sich zusammen und steht nur auf.
Er schnüffelt ein paar Mal unmerklich. Rüdiger und Arndt
verkneifen sich das Lachen, selbst Elmar muß schmunzeln.
HORST
Was gibt's denn da zu lachen?
Meint Ihr, ihr könnt's besser?
Horst stürmt aus dem Raum, Elmar folgt ihm und lächelt Arndt
und Rüdiger entschuldigend an.
ELMAR
Ich bring ihm mal 'nen Kaffee.
Das holt ihn wieder runter.
INNEN - DIENSTRAUM - TAG
Lukas sitzt auf einem Schreibtisch und spielt mit einem alten
Phantombildordner. Er hat aus den Phantombildern eine Person
gelegt, die Horst sehr ähnlich sieht. Arndt und Rüdiger
sitzen bei ihm. Vor ihnen liegt die ausgeleerte Sporttasche
von Lukas. Die Utensilien daraus stehen aufgereiht vor ihm.
Arndt schaut zu Rüdiger.
ARNDT
(leise)
Mann, ich hab keine Lust mehr!
Warum geht er nicht einfach heim?
Rüdiger hat eine Idee. Er streckt Lukas freundschaftlich die
Hand entgegen, als wolle er sich vorstellen.
RÜDIGER
Rüdiger Lehmann.
LUKAS
Lukas Schröder.
Lukas ist überrumpelt. Arndt grinst.
RÜDIGER
Na, geht doch.
Soll ich Dir mal unser Revier zeigen?
Lukas strahlt.
AUSSEN - POLIZEIHINTERHOF - ABEND
Rüdiger sitzt mit Lukas auf der Treppe im Hinterhof des
Polizeireviers, mit Blick auf die parkenden Autos. Ein altes
Polizeimofa lehnt an der Mauer. Lukas hat eine Polizeimütze
auf. Seine Sporttasche steht neben ihm.
Sie spielen Schere-Stein-Papier. Lukas gewinnt.
RÜDIGER
Wow. Nicht schlecht. Schon wieder
gewonnen.
Arndt kommt aus dem Polizeirevier zu ihnen.
ARNDT
Ich weiß, wo er wohnt.
Wir können los.
Rüdiger schaut auf. Er überlegt kurz.
RÜDIGER
Ich komm gleich.
Er verschwindet im Revier. Arndt setzt sich zu Lukas, nimmt
ihm freundlich die Mütze ab und setzt sie selbst auf.
ARNDT
Na?
Machen Deine Eltern sich keine Sorgen,
wenn du so spät nach Hause kommst?
LUKAS
Meine Mama denkt, ich bin beim Fußball.
Rüdiger kommt mit einem seltsamen Gesichtausdruck zurück.
RÜDIGER
Okay.
Sie gehen zu den Autos. Arndt zieht seinen Schlüssel aus der
Tasche. Plötzlich blinkt der neue Mercedes von Horst auf.
Rüdiger hält triumphierend den Schlüssel in der Hand.
ARNDT
Bist du verrückt?
Rüdiger grinst. Er wirft Arndt den Schlüssel zu.
Arndt betätigt mehrmals selig den Funköffner, bis Rüdiger ihn
aus seiner "Glücks-Erstarrung" reißt.
ARNDT
(zu Lukas)
Willst Du mal mit 'nem richtigen Auto
fahren?
Lukas strahlt. Sie steigen in den Polizei-Mercedes.
Rüdiger und Arndt schnallen sich nebeneinander an. Dann
halten sie inne und schauen sich an. Sie schnüffeln und
verziehen das Gesicht.
INNEN/AUSSEN - IM STREIFENWAGEN - ABEND
Sie fahren mit weit offenen Fenstern und gegen die Kälte
hochgeschlagenenen Kragen durch die Nacht. Lukas sitzt
fröstelnd hinten, Rüdiger blickt zu Arndt, der stoisch der
Kälte trotzt.
INNEN - DIENSTRAUM - NACHT
Elmar sitzt an seinem Schreibtisch. Die Kakteen sind
verschwunden, an ihrer Stelle stehen zwei Töpfe mit Blumen.
Horst setzt sich in seinen Stuhl, sieht die Blumen und
stutzt. Elmar schaut unschuldig auf.
HORST
Was ist denn das?
ELMAR
Was? Das? Das sind Margeriten.
HORST
Und die-
ELMAR
-Kakteen?
Weiß du doch. Nicht gut für die Seele.
Machen so... stachelig.
AUSSEN - VOR LUKAS HAUS - NACHT
Arndt klingelt an einer Haustür, hinter ihm steht Rüdiger,
der Lukas an der Hand hält.
Die Tür wird von Eva, der Frau vom Dönerstand geöffnet. Alle
blicken sich überrascht an. Eva schaut zu Lukas hinunter.
Lukas löst sich von Rüdigers Hand, und stellt sich zu seiner
Mutter.
EVA
Lukas?
(freundlich)
Ich hab schon auf Dich auf Dich
gewartet.
Wo warst Du denn heute wieder?
Eva schaut zu Arndt und Rüdiger, die wie erstarrt dastehen.
Sie erkennt Arndt.
EVA
Sie schon wieder. Hallo!
(zu Rüdiger)
Und Sie sind dann wohl der verschwundene
Kollege?
Rüdiger starrt sie nur an. Eva schaut auf Lukas.
EVA
Was hat er denn gemacht?
RÜDIGER
(stammelt)
Er hat die Bank überfallen... also nicht
wirklich überfallen... nur mit einer
Wasserpistole... Aber der Bankdirektor
hat die Polizei gerufen... Und wir
mußten ihn verhaften... Natürlich.
EVA
Natürlich.
RÜDIGER
Aber jetzt ist er ja hier.
EVA
Das ist er.
Sie schauen zu Lukas herab. An der Hand seiner Mutter grinst
er Rüdiger an.
RÜDIGER
Dann wollen wir Sie auch nicht länger
aufhalten. Einen... schönen Abend noch.
EVA
Vielen Dank.
Rüdiger wendet sich zum Gehen. Arndt steht grinsend zwischen
den beiden.
EVA
Und... vielleicht sehen wir uns ja mal
wieder... am Dönerstand.
Wenn Sie nicht wieder verschwinden?
RÜDIGER
(peinlich)
Ja... vielleicht.
Tschüß, Lukas.
Sie gehen zum Auto. Hinter ihnen schaut Eva ihnen einen
Moment nach, dann schließt sie die Haustür. Rüdiger geht mit
einem seligen Grinsen zum Auto. Arndt läuft neben ihm und
grinst ihn offen an.
RÜDIGER
Was?
ARNDT
Mhm. Fällt Dir was auf?
Rüdiger blickt ihn fragend an. Arndt grinst freundschaftlich.
RÜDIGER
(bleibt stehen)
Stimmt.
Sie grinsen sich an.
BEGINN DES ABSPANNS
Während der Abspann läuft, sehen wir folgende Bilder:
INNEN - DIENSTRAUM - NACHT
Elmar sitzt am Schreibtisch und schreibt etwas. Horst sitzt
beleidigt auf seinem Stuhl. Als Elmar nicht kuckt, beugt er
sich langsam zu den Blumen und riecht daran.
Pötzlich klingelt das Telefon. Horst beugt sich schnell
zurück. Elmar nimmt ab und hört zu.
ELMAR
Polizei?
(er hört zu)
Ja? - Nein! - Alles klar.
Er legt auf und schaut ernst zu Horst.
ELMAR
Ronny's Dönerladen ist überfallen
worden.
AUSSEN - POLIZEIHINTERHOF - NACHT
Horst und Elmar kommen aus dem Revier gerannt. Im Rennen
ziehen sie sich noch fertig an. Horst bleibt abrupt stehen,
so daß Elmar fast in ihn reinläuft. Beide starren auf den
freien Parkplatz, wo eigentlich ihr Polizei-Mercedes stehen
müsste. Doch der Platz ist leer. Horst schaut in seiner
Tasche nach, findet seinen Schlüssel aber nicht. Sie rütteln
am Auto von Arndt und Rüdiger, doch es ist verschlossen.
Ratlos schauen sich Elmar und Horst an.
AUSSEN - ABGELEGENE STRASSE - NACHT
Horst und Elmar fahren eine Strasse entlang. Sie sitzen auf
dem alten Polizeimofa. Elmar steuert, Horst klammert sich an
Elmar fest, er sitzt viel zu breit hinter ihm. Schwerfällig
legt Elmar das Mofa in eine Kurve.
AUSSEN - DÖNERSTAND - NACHT
Rüdiger, Arndt und Ronny haben sich hinter einem Haufen Paletten
versteckt. Der Dönerstand ist leer. Ein Knattern liegt in der
Luft. Es wird lauter. Ronny stößt Arndt an, der nimmt einen
Fotoapparat und "zielt".
RONNY
Hey, mach' aber scharf.
Im Sucher des Fotoapparats sehen wir Horst und Elmar auf dem
Polizeimofa ankommen. Der Fotoapparat löst aus.
ENDE DES ABSPANNS
AUSSEN - DÖNERSTAND - TAG
Arndt hält einen Schlüsselbund in der Hand und drückt immer
wieder auf den Schlüssel. Das Piepsen der Funköffnung ist zu
hören. Er ist stolz wie Oskar. Im Hintergrund steht Rüdiger
bei Ronny an der Theke. Ronny macht wie immer liebevoll zwei
Döner fertig.
RONNY
Soo. Und für Rüdiger... wie seit
neuestem... mit ganz viel Scharf.
Er reicht Rüdiger den Döner über die Theke. Rüdiger beißt
lustvoll hinein. Arndt läßt es wieder piepsen.
RÜDIGER
Mensch, Arndt. Jetzt laß mal gut sein.
Manchmal frag ich mich echt, warum Du
eigentlich Polizist geworden bist.
Arndt dreht sich zum ihm und grinst ihn breit an. Er drückt
demonstrativ auf den Schlüssel. Es piepst. Dann sehen wir,
daß sie immer noch ihren alten Wagen haben, der aber mit einem
Funköffner aufgerüstet wurde.
F I N E